
5 Schritte zu mehr Gelassenheit
Gelassenheit lernen: 5 Tipps für mehr innere Ruhe und Gelassenheit
Von Max Planer, ehemaliger Ruderweltmeister und High Performance Coach
Im Hochleistungssport habe ich eine entscheidende Lektion gelernt: Wer unter Druck gelassen bleibt, gewinnt. Als Ruderweltmeister musste ich lernen, auch in extremen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Heute gebe ich diese Erfahrungen als Mental Coach an Spitzensportler und Führungskräfte weiter. Denn Gelassenheit lässt sich lernen – und ist vielleicht die wichtigste Fähigkeit in unserem oft hektischen Alltag.
Viele Menschen sehnen sich nach mehr innerer Ruhe, doch im stressigen Alltag scheint Gelassenheit häufig so schwer erreichbar. Gute Nachricht: Gelassenheit zu trainieren ist möglich, und ich zeige dir, wie du mit fünf praktischen Ansätzen mehr Ruhe in dein Leben bringen kannst.
Wie kann ich Gelassenheit in meinen Alltag integrieren?
Welche täglichen Routinen fördern Gelassenheit?
Gelassenheit entsteht nicht über Nacht, sondern durch bewusste, regelmäßige Praktiken. Diese Routinen haben mir persönlich geholfen, mehr Gelassenheit im Alltag zu finden:
Morgendliche Achtsamkeitsroutine: Beginne den Tag mit 10 Minuten Stille. Ob Meditation, bewusstes Atmen oder einfach beim Kaffee den Sonnenaufgang beobachten – ein ruhiger Start setzt den Ton für den gesamten Tag.
Bewusste Pausen: Plane drei bis fünf kurze Atempausen (je 2-3 Minuten) über den Tag verteilt ein. Regelmäßige Rituale verschaffen deinem Nervensystem die nötige Erholung.
Abendritual zum Abschalten: Entwickle eine Routine, die dir hilft, den Tag abzuschließen und loszulassen. Für mich war es stets ein kurzer Spaziergang nach dem Training, der mir half, vom "Wettkampfmodus" in die Entspannung zu wechseln.
Digitale Auszeiten: Lege bewusst Zeiten fest, in denen du nicht erreichbar bist. Die ständige Verfügbarkeit ist einer der größten Feinde der Gelassenheit.
Eine meiner Klientinnen, Führungskraft in einer Steuerberatungskanzlei, integrierte morgens und nachmittags jeweils fünf Minuten stille Meditation in ihren Kalender. Nach wenigen Wochen berichtete sie von deutlich mehr Klarheit in Entscheidungssituationen und einer spürbar verbesserten Stimmung im Team.

Wie kann ich in stressigen Situationen gelassen bleiben?
Der wahre Test für Gelassenheit sind die Momente, in denen alles schiefzugehen scheint. Hier sind Strategien, die dir helfen, in stressigen Situationen die Ruhe zu bewahren:
3-7-8-Atemtechnik: Atme 3 Sekunden ein, halte den Atem für 7 Sekunden und atme 8 Sekunden lang aus. Diese Technik aktiviert den Parasympathikus, unseren "Entspannungsnerv".
Mentaler Reset: Stelle dir vor, du drückst einen Resetknopf. Sage innerlich "Stopp!" und richte deine Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment.
Die 90-Sekunden-Regel: Negative Emotionen dauern neurobiologisch betrachtet etwa 90 Sekunden. Wenn du es schaffst, diese Zeit ohne Reaktion zu überstehen, kannst du wieder klarer denken.
Perspektivwechsel: Frage dich: "Wie wichtig wird diese Situation in einem Jahr sein?" Diese Frage schafft sofort emotionale Distanz.
Im Finale der Weltmeisterschaft nutzte ich eine Kombination aus tiefem Atmen und mentaler Visualisierung, um trotz extremer Anspannung gelassen zu bleiben. Diese Techniken halfen mir, meine Energie auf die Aufgabe zu fokussieren, statt sie in Nervosität zu verschwenden.
Welche Rolle spielt Achtsamkeit bei der Entwicklung von Gelassenheit?
Achtsamkeit – die Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, ohne zu urteilen – ist das Fundament echter Gelassenheit. Wer achtsam ist, wird nicht so leicht von Sorgen über die Zukunft oder Grübeleien über die Vergangenheit überwältigt.
So kannst du Achtsamkeit kultivieren:
Alltagsachtsamkeit: Wähle eine tägliche Routine (z.B. Zähneputzen oder Kaffeetrinken) und führe sie vollkommen bewusst aus, mit allen Sinnen.
Sensorische Wahrnehmung schärfen: Nimm mehrmals täglich bewusst wahr, was du siehst, hörst, riechst, schmeckst und fühlst. Diese Sinneswahrnehmungen verankern dich im Jetzt.
Achtsames Zuhören: Übe, anderen Menschen wirklich zuzuhören, ohne an deine Antwort zu denken oder gedanklich abzuschweifen.
Studien zeigen, dass regelmäßige Achtsamkeitspraxis nicht nur die subjektive Gelassenheit erhöht, sondern auch messbare Veränderungen im Gehirn bewirkt – insbesondere in Bereichen, die für Emotionsregulation zuständig sind.
Welche Techniken helfen beim Erlernen von Gelassenheit?
Wie funktioniert Progressive Muskelentspannung?
Die Progressive Muskelentspannung (PME) ist eine wissenschaftlich fundierte Methode, die ich sowohl in meiner aktiven Sportlerzeit als auch heute in meinen Coachings einsetze. Sie basiert auf einem einfachen Prinzip: Nach bewusster Anspannung folgt eine tiefere Entspannung.
So praktizierst du PME:
Vorbereitung: Suche dir einen ruhigen Ort und eine bequeme Position im Sitzen oder Liegen.
Durchführung: Spanne nacheinander verschiedene Muskelgruppen für etwa 5-7 Sekunden an und entspanne sie dann für 20-30 Sekunden. Beginne bei den Füßen und arbeite dich nach oben.
Atmung: Atme beim Anspannen ein, beim Entspannen langsam aus.
Diese Technik hat mir vor wichtigen Wettkämpfen geholfen, körperliche Anspannung zu lösen und einen Zustand tiefer Entspannung zu erreichen – die ideale Vorbereitung für Hochleistung.
Welche Atemübungen fördern innere Ruhe?
Die Atmung ist unser direktester Zugang zum autonomen Nervensystem. Mit bewusstem Atmen können wir unseren Stresspegel sofort beeinflussen. Hier sind meine bevorzugten Atemübungen für mehr Gelassenheit:
4-7-8-Atemtechnik: 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen. Diese Technik wirkt wie ein natürliches Beruhigungsmittel.
Bauchatmung: Lege eine Hand auf den Bauch und atme tief in den Bauch hinein, sodass sich deine Hand hebt und senkt. Diese natürliche Atemform aktiviert den Parasympathikus.
Wechselatmung: Atme abwechselnd durch das linke und rechte Nasenloch ein und aus (das jeweils andere mit dem Finger verschließen). Diese aus dem Yoga stammende Technik bringt Körper und Geist ins Gleichgewicht.
Ein professioneller Tennisspieler, mit dem ich arbeite, nutzt vor jedem wichtigen Punkt eine kurze Atemtechnik, um sein Nervensystem zu regulieren. Diese einfache Praxis hat seine Wettkampfkonstanz deutlich verbessert.
Wie kann Meditation zur Gelassenheit beitragen?
Meditation ist eines der wirksamsten Werkzeuge, um Gelassenheit zu lernen. Als ich anfing zu meditieren, war ich skeptisch. Heute ist es ein unverzichtbarer Teil meiner täglichen Routine und meiner Coaching-Praxis.
Einsteigerfreundliche Meditationsformen:
Geführte Meditationen: Ideal für Anfänger sind Audio-Anleitungen, die dich durch den Prozess führen.
Atemmeditation: Konzentriere dich einfach auf deinen Atem – ein und aus. Wenn Gedanken kommen, bemerke sie freundlich und kehre zum Atem zurück.
Body Scan: Wandere in Gedanken durch deinen Körper und nimm jede Region bewusst wahr.
Beginne mit 5 Minuten täglich und steigere dich langsam. Die Regelmäßigkeit ist wichtiger als die Dauer. Schon nach wenigen Wochen regelmäßiger Praxis wirst du spüren, wie du in herausfordernden Situationen gelassener reagierst.

Wie kann ich meinen Stress abbauen und gelassener werden?
Welche Strategien helfen beim Loslassen von Stress?
Stress abzubauen ist ein wesentlicher Schritt zu mehr Gelassenheit. Hier sind Strategien, die ich sowohl Spitzensportlern als auch Führungskräften empfehle:
Identifiziere Stressquellen: Führe eine Woche lang ein "Stress-Tagebuch", um Muster zu erkennen. Oft sind wir uns unserer Stressauslöser nicht bewusst.
Prioritäten setzen: Unterscheide zwischen "wichtig" und "dringend". Konzentriere dich auf das Wichtige und reduziere die selbstgemachte Dringlichkeit.
Grenzen setzen: Lerne, "Nein" zu sagen und deine Grenzen zu kommunizieren – besonders für Menschen, die es gewohnt sind, immer zu funktionieren.
Aktive Entspannung: Plane bewusst Aktivitäten ein, die dir Freude bereiten und bei denen du abschalten kannst.
Das "Loslassen"-Ritual: Entwickle ein persönliches Ritual für das Loslassen von Gedanken oder Sorgen, die dich belasten. Manche schreiben sie auf und zerreißen das Papier, andere visualisieren, wie sie davonschwimmen.
Ein Führungskräfte-Coachee von mir reduzierte seinen Stresspegel erheblich, indem er eine einfache Regel einführte: keine E-Mails nach 19 Uhr und am Wochenende. Diese klare Grenze half ihm, mental abzuschalten und gelassener zu werden.
Wie wirkt sich regelmäßige Bewegung auf Gelassenheit aus?
Bewegung und Sport sind nicht nur gut für den Körper, sondern auch mächtige Werkzeuge für mentale Ausgeglichenheit. Regelmäßige körperliche Aktivität:
Baut Stress ab: Durch die Ausschüttung von Endorphinen wirkt Bewegung wie ein natürliches Antidepressivum.
Verbessert die Schlafqualität: Guter Schlaf ist fundamental für emotionale Ausgeglichenheit.
Schafft mentalen Abstand: Körperliche Aktivität bietet eine Auszeit vom Gedankenkarussell.
Stärkt die Stressresistenz: Regelmäßiges Training macht das Nervensystem widerstandsfähiger gegen Stressoren.
Du musst kein Leistungssportler werden – schon ein täglicher Spaziergang in der Mittagspause oder zweimal wöchentlich 30 Minuten Bewegung können einen spürbaren Unterschied machen. Wähle eine Aktivität, die dir Freude bereitet, dann bleibt sie nachhaltig.

Wie kann ich negative Gedankenmuster durchbrechen und gelassener denken?
Wie erkenne und verändere ich stressauslösende Gedanken?
Unsere Gedanken bestimmen maßgeblich, ob wir eine Situation als stressig empfinden oder gelassen bleiben. Der erste Schritt zur Veränderung ist das Erkennen typischer Stressgedanken:
Katastrophisieren: "Wenn ich diesen Termin verpasse, ist meine Karriere ruiniert."
Generalisieren: "Ich versage immer in wichtigen Momenten."
Perfektionismus: "Es reicht nicht, wenn es gut ist – es muss perfekt sein."
Gedankenlesen: "Alle denken, ich bin inkompetent."
Perfektionisten neigen besonders dazu, sich selbst unnötig unter Druck zu setzen. Sei nicht so streng mit dir selbst – oft reicht auch ein einfaches "gut" statt "perfekt", um dir enorm viel Druck zu nehmen.
Um diese Gedanken zu verändern:
Gedanken notieren: Schreibe in stressigen Momenten auf, welche Gedanken dir durch den Kopf gehen.
Realitätscheck: Hinterfrage deine Gedanken: "Ist das wirklich wahr? Welche Beweise habe ich dafür und dagegen?"
Wohlwollender Freund: Frage dich, was du einem Freund in der gleichen Situation raten würdest.
Neubewertung: Formuliere den Gedanken um in eine realistischere, konstruktivere Version.
Als ich bei meinem ersten internationalen Wettkampf vor Nervosität kaum rudern konnte, lernte ich, meine Gedanken von "Ich werde versagen" zu "Ich bin gut vorbereitet und gebe mein Bestes" umzuformulieren. Diese mentale Umstellung war der Schlüssel zu mehr Gelassenheit und letztlich besseren Leistungen.
Welche Techniken helfen bei der Umformulierung negativer Gedanken?
Die Umformulierung (Reframing) negativer Gedanken ist eine Kernkompetenz für mehr Gelassenheit. Diese Techniken helfen dir dabei:
Kognitive Umstrukturierung: Identifiziere verzerrte Gedanken und ersetze sie durch ausgewogenere Alternativen.
Statt: "Diese Aufgabe ist unmöglich."
Besser: "Diese Aufgabe ist herausfordernd, aber ich kann sie in kleine Schritte unterteilen."
Die 3-Spalten-Technik: Notiere in drei Spalten den stressauslösenden Gedanken, die Emotion/Körperreaktion und eine alternative Perspektive.
Sprachliche Umformulierung: Achte auf deine Wortwahl, denn Sprache schafft Realität.
Statt: "Ich muss unbedingt..."
Besser: "Ich entscheide mich für..."
Ein Führungskräfte-Coachee änderte seine Sichtweise von "Ich habe keine Zeit" zu "Ich setze andere Prioritäten". Diese kleine sprachliche Änderung gab ihm ein Gefühl von Kontrolle zurück und reduzierte seinen Stress erheblich.
Wie kann ich langfristig Gelassenheit in mein Leben bringen?
Welche Gewohnheiten fördern dauerhafte Gelassenheit?
Gelassenheit ist keine einmalige Errungenschaft, sondern eine Lebenseinstellung, die durch tägliche Gewohnheiten kultiviert wird. Diese Praktiken haben sich als besonders förderlich erwiesen:
Morgenroutine: Beginne den Tag mit einer bewussten Routine aus Stille, Reflexion und Intention-Setting für den kommenden Tag.
Regelmäßige Meditations- oder Achtsamkeitspraxis: Je regelmäßiger du übst, desto tiefer verankert sich Gelassenheit in deinem Nervensystem.
Dankbarkeitspraxis: Notiere täglich drei Dinge, für die du dankbar bist – diese einfache Übung verschiebt den Fokus auf das Positive.
Bewusste Natur-Auszeiten: Verbindung mit der Natur reduziert nachweislich Stresshormone und fördert innere Ruhe.
Gute Schlafhygiene: Erholsamer Schlaf ist fundamental für emotionale Ausgeglichenheit.
Ein konkretes Beispiel: Ein vielbeschäftigter Manager, mit dem ich arbeite, führte eine "Gelassenheits-Stunde" ein – eine Stunde pro Tag, die ausschließlich der Selbstfürsorge gewidmet ist. Diese nicht verhandelbare Zeit wurde zum Anker seiner inneren Ruhe.
Wie kann ich meine Fortschritte in Gelassenheit messen und beibehalten?
Um Gelassenheit nachhaltig zu entwickeln, ist es hilfreich, den eigenen Fortschritt zu beobachten und zu festigen:
Gelassenheits-Tagebuch: Notiere täglich dein subjektives Gelassenheits-Level auf einer Skala von 1-10 und reflektiere, was dazu beigetragen hat.
Fortschritte feiern: Würdige jeden Fortschritt – z.B. wenn du in einer Situation gelassen geblieben bist, die dich früher aus der Fassung gebracht hätte.
Feedback einholen: Frage Menschen in deinem Umfeld, ob sie Veränderungen in deiner Reaktionsweise bemerken.
Regelmäßige Überprüfung deiner Praktiken: Evaluiere vierteljährlich, welche Techniken dir am meisten helfen und passe deine Routine entsprechend an.
Fazit: Der Weg zur Gelassenheit ist eine Reise
Gelassenheit zu lernen ist keine Aufgabe, die man von heute auf morgen erledigt, sondern eine lebenslange Reise. Als ehemaliger Weltklasse-Sportler kann ich bestätigen: Es gibt kaum eine wertvollere Fähigkeit als die, in schwierigen Situationen ruhig zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren.
Mit den vorgestellten fünf Ansätzen – Alltagsintegration, wirksamen Techniken, Stressabbau, Veränderung negativer Denkmuster und langfristigen Gewohnheiten – kannst du systematisch an deiner Gelassenheit arbeiten.
Der erste Schritt ist, zu erkennen, dass wir zwar nicht alle Umstände kontrollieren können, aber sehr wohl unsere Reaktion darauf. Gelassenheit bedeutet nicht, nie Ärger oder Stress zu empfinden, sondern souverän und entspannt mit diesen Emotionen umzugehen.
Beginne noch heute mit einer kleinen Übung – vielleicht einer bewussten Atempause oder einer kurzen Meditation. Mit jedem Tag, an dem du übst, wächst deine Fähigkeit, gelassener durch das Leben zu gehen und auch in Überforderung und Chaos deine innere Ruhe zu bewahren.
Max Planer ist ehemaliger Ruderweltmeister und arbeitet heute als High Performance Coach mit Spitzensportlern und Führungskräften. In seinen Coachings verbindet er wissenschaftlich fundierte Methoden zur Stressbewältigung und Gelassenheit mit seinen praktischen Erfahrungen aus dem Hochleistungssport.